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Erstellt von Julian am 27. November 2017, um 08:32 Uhr

Aus Tiroler Dialektarchiv

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==='''''Houn i, hün i, hän i'' oder gar ''hoo i''?'''===
 
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In viel kleinerer Anzahl kommen die vier genannten Formen vor. So gibt es für die Variante mit Zwielaut ''i'' ''houn'' einige Nennungen im Außerfern und in Osttirol. In Prägraten spricht man zudem von ''i hün'', während man im geographisch nahen St. Veit in Defereggen von ''i hän'' spricht. All diese Varianten sind relativ selten und lassen sich keinem größeren Gebiet zuordnen. Eine Häufung der Form ''i hoo'' bzw. ''i håå'' zeigt sich im Außerfern. Hier liegen – vokalisch gesehen – ähnliche Verhältnisse wie im südlich angrenzenden Oberland vor, allerdings kam es – wie dies auch bei ''i huu'' im Unterland der Fall ist – zu einem Schwund des auslautenden ''n''. Teilweise werden die Formen allerdings noch nasaliert gesprochen. Man könnte zusammenfassend also zwei Grenzlinien durch Nordtirol ziehen. Die erste würde den Vokal betreffen und damit die Frage, ob ''o'' oder ''u'' vorliegt. Eine Linie müsste hier von Nord nach Süd gezogen werden und Nordtirol in etwa zwischen Mötz und Rietz trennen. Komplizierter gestaltet sich die Grenze zwischen den Gebieten, die ''n'' erhalten haben und jenen, in denen ''n'' geschwunden ist. Hier müsste man die ''hon''- und ''hun''-Gebiete im Ober- und Mittelland zusammenfassen und vom Unterland östlich von Volders sowie dem Außerfern trennen.  
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In viel kleinerer Anzahl kommen die vier genannten Formen vor. So gibt es für die Variante mit Zwielaut (nämlich ''i'' ''houn'') einige Nennungen im Außerfern und in Osttirol. In Prägraten spricht man zudem von ''i hün'', während man im geographisch nahen St. Veit in Defereggen von ''i hän'' spricht. All diese Varianten sind relativ selten und lassen sich keinem größeren Gebiet zuordnen. Eine Häufung der Form ''i hoo'' bzw. ''i håå'' zeigt sich im Außerfern. Hier liegen – vokalisch gesehen – ähnliche Verhältnisse wie im südlich angrenzenden Oberland vor, allerdings kam es – wie dies auch bei ''i huu'' im Unterland der Fall ist – zu einem Schwund des auslautenden ''n''. Teilweise werden die Formen allerdings noch nasaliert gesprochen. Man könnte zusammenfassend also zwei Grenzlinien durch Nordtirol ziehen. Die erste würde den Vokal betreffen und damit die Frage, ob ''o'' oder ''u'' vorliegt. Eine Linie müsste hier von Nord nach Süd gezogen werden und Nordtirol in etwa zwischen Mötz und Rietz trennen. Komplizierter gestaltet sich die Grenze zwischen den Gebieten, die ''n'' erhalten haben und jenen, in denen ''n'' geschwunden ist. Hier müsste man die ''hon''- und ''hun''-Gebiete im Ober- und Mittelland zusammenfassen und vom Unterland östlich von Volders sowie dem Außerfern trennen.  
  
 
==='''''I hân'', nicht der Hahn'''===
 
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Aktuelle Version vom 24. September 2019, 09:35 Uhr

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Die Belege gelten nur für den Erhebungszeitraum.
Tiroler haben (es) anders
Wenn die Tiroler etwas haben, benutzen sie zwar überall die Floskel ich habe, jedoch klingt diese in Abhängigkeit ihres Herkunftsortes völlig anders. Da und dort können Laute verschwinden – z.B. i on oder i ho – oder Vokale noch weiter umgefärbt werden – z.B. i hun. Dass all diese Erscheinungen sich wieder einmal geographisch bündeln lassen, macht diese Lautkarte besonders spannend.

Hån-hun-huu – kein chinesischer Name

In der Tat klingt dieses Wortgebilde wie ein Import aus Fernost, es handelt sich aber vielmehr um die drei in Tirol am meistgebrauchten Aussprachevarianten von ich habe. Dabei kann man eine relativ klare Dreiteilung in Nordtirol beobachten. Im Oberland östlich von Rietz wird vor allem die Form i hån bzw. i hon gesprochen. In beiden Fällen trat eine HebungDie Vokale lassen sich nach ihrem Bildungsort in der Mundhöhle zum sog. Vokaldreieck gruppieren. Dabei gibt es u.a. tiefe (''a'', ''ä'', ''å'') und hohe (''e'', ''i'', ''ü'', ''ö'', ''o''). Wandelt sich ein tiefer Vokal zu einem hohen, z.B. ''a'' zu ''u'' bei ''i h'''a'''n'' - ''i h'''u'''n'', spricht man daher von einer 'Hebung'. des ursprünglichen a – also die typisch bairische Verdumpfung? - ein. Dabei wird die Variante mit offenem o – also i hån – vor allem im Ötz-, Pitz- und Kaunertal sowie im Oberen Gericht und teilweise auch um Landeck und im Paznaun gesprochen. Die Grenzen zu i hon sind – vor allem im Inntal – teilweise fließend. Das mag auch daran liegen, dass diese beiden Aussprachevarianten lautlich nahe beieinander liegen und ein genaues Heraushören der Unterschiede mitunter schwierig ist. Eine gewisse Trennung kann aber dennoch erfolgen. Auch im südlichen Osttirol – in etwa ab Schlaiten – kommen diese Varianten vor. Hier sticht besonders das Pustertal zwischen Assling und Abfaltersbach sowie das Tiroler Gail- und Lesachtal hervor. Hier ist das anlautende h ausgefallen und es heißt i on. Dies ist eine Erscheinung, die sich hier auffällig häuft, während sie im Nordtiroler Oberland lediglich zweimal – in Pfunds und Strengen – genannt wurde. Im Bezirk Innsbruck Land kommt im Inntal zwischen Rietz und Sistrans sowie im Wipptal, Stubaital und deren Seitentäler die Form i hun vor. Das ursprüngliche a wurde vor Nasenlaut – also n oder m – in diesem Gebiet noch weiter gehoben und zu u. Dieses u wird zudem in Navis, Schmirn und Gries am Brenner lang, also i huun ausgesprochen. Östlich von Volders wird im ganzen Unterland i huu ausgesprochen. Die Hebung zu u trat hier ebenfalls ein. Zusätzlich ist das auslautende n geschwunden bzw. teilweise nur mehr schwach hörbar, indem das u leicht nasaliert gesprochenwird.Dies ist vor allem bei nachfolgendem Vokal gut nachvollziehbar.

Houn i, hün i, hän i oder gar hoo i?

In viel kleinerer Anzahl kommen die vier genannten Formen vor. So gibt es für die Variante mit Zwielautauch ''Diphthong''. Zwei aufeinanderfolgende unterschiedliche Vokale, die als Einheit erfasst und nicht getrennt werden können. Im Deutschen treten folgende Diphthonge auf, die auch unter der Bezeichnung Zwielaute bekannt sind: ''ei''/''ai''/''ay''/''ey'', ''au'', ''äu''/''eu'', ''ui''. (nämlich i houn) einige Nennungen im Außerfern und in Osttirol. In Prägraten spricht man zudem von i hün, während man im geographisch nahen St. Veit in Defereggen von i hän spricht. All diese Varianten sind relativ selten und lassen sich keinem größeren Gebiet zuordnen. Eine Häufung der Form i hoo bzw. i håå zeigt sich im Außerfern. Hier liegen – vokalischeinen Vokal/Selbstlaut - also ''a'', ''e'', ''i'', ''o'', ''u'', ''ä'', ''ö'', ''ü'' - betreffend. gesehen – ähnliche Verhältnisse wie im südlich angrenzenden Oberland vor, allerdings kam es – wie dies auch bei i huu im Unterland der Fall ist – zu einem Schwund des auslautenden n. Teilweise werden die Formen allerdings noch nasaliert gesprochen. Man könnte zusammenfassend also zwei Grenzlinien durch Nordtirol ziehen. Die erste würde den Vokal betreffen und damit die Frage, ob o oder u vorliegt. Eine Linie müsste hier von Nord nach Süd gezogen werden und Nordtirol in etwa zwischen Mötz und Rietz trennen. Komplizierter gestaltet sich die Grenze zwischen den Gebieten, die n erhalten haben und jenen, in denen n geschwunden ist. Hier müsste man die hon- und hun-Gebiete im Ober- und Mittelland zusammenfassen und vom Unterland östlich von Volders sowie dem Außerfern trennen.

I hân, nicht der Hahn

Woher kommt den dieses n überhaupt, könnte man sich nun fragen, heißt es doch im Standarddeutschen ich habe. Formen mit n sind bereits in mittelhochdeutscher Zeit belegt. So heißt es dort (ich) hân, eine Form auf die alle genannten Dialektvarianten zurückgehen. Das n konnte schwinden und der Vokal verändert werden, die Grundform ist aber stets dieselbe. Es handelt sich dabei um eine zusammengezogene Form, die meist als Hilfsverb verwendet wurde. Diese Formen wurden bis ins 15. Jahrhundert schrittweise zurückgedrängt und in allen Fällen durch ich habe ersetzt. Im Dialekt konnten sich diese gekürzten Formen allerdings bis heute halten.[1]

Karte/Kartentext: Blassnigg Julian

Literatur
  1. [LexerLexer, Matthias (1872–1878): Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bde. Leipzig: S. Hirzel., Bd. 1, Sp. 1164 | PaulPaul, Hermann (2007): Mittelhochdeutsche Grammatik. 25. Aufl. Neu bearbeitet von Thomas Klein, Hans-Joachim Solms und Klaus-Peter Wegera. Tübingen: Max Niemeyer., S. 283 ]
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