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Erstellt von Julia am 2. Januar 2017, um 12:00 Uhr

Aus Tiroler Dialektarchiv

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Aktuelle Version vom 20. Juni 2018, 12:52 Uhr

Bedeutung Wacholderbeeren (Juniperus)
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Gewürzerwerb mit Stechpotenzial
Trotz ihrer heimtückischen Nadeln werden sie eifrig wegen ihres Gewürzcharakters gesammelt: die Wacholderbeeren, die in Tirol nicht nur einen Namen tragen. Man nennt sie neben Wacholder auch Kramet, Kranewitten, Kranzen, Gránatbeeren oder Krawatten.

Holz(ig) im Abgang

Geht der Vorrat an Wacholderbeeren im Gewürzschrank zur Neige, sucht man im Tiroler Oberland (nicht aber im Ötztal), im Außerfern und auch im äußersten Osten Nordtirols nach Kramet oder Krametbeeren. Die mit diesem Wort zusammenhängende, häufig tradierte Verbindung mit ‚Kranich‘ muss aus mehreren Gründen abgelehnt werden: Geht man von einer Urformen des Wortes Kranich aus, müssten zum einen lautgeschichtliche Entwicklungen zu anderen mundartlichen Formen führen. Zum anderen ist der sachliche Bezug hier in keinem Fall gegeben. Kraniche ernähren sich weder von Wacholderbeeren, noch teilen sich Pflanze und Tier denselben Lebensraum. Betrachtet man die heutige Lautgestalt aller Formen, steckt am ehesten eine Kombination aus mittelhochdeutschEine Vorstufe der heutigen deutschen Sprache, die in etwa zwischen 1050 und 1350 gesprochen wurde. Mittelhochdeutsch steht also zwischen dem älteren Althochdeutschen und dem heute gesprochenen Neuhochdeutschen. krâe, kræ(j)e ‚Krähe‘, dem Fugenelement -n- und wit, wite, Holz‘ dahinter – zusammengezogen zu mittelhochdeutsch kranewit. Die umgelauteten Formen, die heute in den Dialekten ein a (wie in Kramet) enthalten, gehen auf kræ(j)e zurück, die unumgelauteten Formen, die jedoch deutlich bei Kranewitten zum Tragen kommen und in heutiger Zeit mundartlich auf kro- und kru- lauten, auf krâe. Während der Bezug zur Krähe lautlich nachvollziehbar ist, bleibt auch hier unklar, warum der Wacholder nach diesem Vogel benannt worden zu sein scheint. Nicht nur die Variante Kramet, das eine verkürzte Form dieses Wortes ist, sondern auch eine Reihe anderer Bezeichnungen, die man in Tirol zu ‚Wacholder‘ sagt, gehen auf mittelhochdeutsch kranewit zurück. Um zu verdeutlichen, um welchen Pflanzenteil es sich bei Kramet ganz genau handelt, wird oft noch das Wort -beeren wie in Krametbeeren angehängt, was auch bei den anderen Varianten so umgesetzt wird.[1]

Keineswegs explosiv

Obwohl der erste Gedanke bei Gránatbeeren, das nur in Fieberbrunn belegt ist, in Richtung hochexplosives Wurfgeschoss geht, besteht zwischen diesen zwei Objekten keinerlei Verbindung. Gránatbeeren kommt von einer älteren Form von krammet, nämlich kranat.[2]

Vom Kranz keine Spur

Im Gebiet zwischen Alpbach und Erl würzt man seinen Speck und andere Fleischspeisen mit Kranzbeeren oder Kranzen. Auch hier stand mittelhochdeutsch kranewit Pate bei der Namensgebung, bei welcher Krametsbeere schließlich wurde zu Kranzbeere verkürzt.[3]

Die Kranewitten nicht nur in Kranebitten

In Osttirol, im Großraum Innsbruck, im Stubaital, im Wipptal und im hinteren Ötztal wie auch zwischen Brixen und Waidring streift man beim Kranewitten oder Kranewittbeeren sammeln durch den Wald. Hier ist noch die ursprünglichste Form erhalten, denn alle andern Formen leiten sich von mittelhochdeutsch kranewit ab. Während alle Formen mit a wie Kranewitten auf die umgelautete Form krӕ(j)e zurückgehen, liegt den Varianten mit u wie Krunewitten, mit o wie Kronewitten und auch den diphthongierten Formen wie Krounewitten das unumgelautete krâe zugrunde.

Nichts zum Anziehen

Vor allem im Zillertal, manch anderer Tiroler Gemeinden geht man in die Krawatten und Krawattbeeren. Auch hier täuscht die erste Ähnlichkeit, denn dieses Wort hat nichts mit einem formellen Kleidungsstück zu tun, sondern beruht wie viele andere hier auf mittelhochdeutsch kranewit.

Ohne viel Firlefanz

Wacholderbeeren sammelt man im Nordwesten des Außerferns und im Norden Osttirols. Die standardsprachliche Form im Außerfern lässt sich entweder durch die Nähe zu Deutschland und dem Einfluss der bundesdeutschen Sprache erklären oder aber durch den Umstand, dass es sich dabei um ein bairisches Kennwort? handelt, das in alemannisch? geprägten Gebieten üblicherweise nicht vorkommt. Welches Wort eindeutig hinter Wacholder steht, kann man nicht sagen, da es im Mittelhochdeutschen (und auch schon im Althochdeutschen) zahlreiche Nebenformen wie wëchholtër, wachsolter oder wechalter. Im Althochdeutschen gab es unter anderem die Form quëckolter, eine Zusammensetzung aus ‚lebendig, frisch‘ und der Baumendung -ter/-der wie bei Affolter ‚Apfelbaum‘, Flieder und Hollunder. Das wach- in Wacholder könnte von der Bedeutung ‚lebendig, frisch‘ herrühren, da mhd. wachen nichts anderes hieß als ‚munter zu sein‘. Dass eine Staude, die stets grün ist, mit lebendig in Verbindung gebracht wird, ist nur nachvollziehbar. Aber auch der Zusammenhang von wach- mit ‚weben, knüpfen‘ scheint plausibel, da Wacholder zum Flechten verwendet wurde. Den Ursprung des ersten Wortteiles kann man durch viele Umdeutungen wohl nicht mehr eindeutig nachvollziehen.[4]

Karte/Kartentext: Julia Baumgartner

Literatur
  1. [LexerLexer, Matthias (1872–1878): Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bde. Leipzig: S. Hirzel., Bd. 1, Sp. 1699 | MarzellMarzell, Heinrich (1966): Der Wacholder in der Namengebung und im Brauchtum der Alpenländer. In: Jahrbuch des Vereins zum Schutze der Alpenpflanzen und –Tiere, Bd. 31, S. 126–137., S. 127]
  2. [DWBGrimm, Jacob/Grimm, Wilhelm (1854–1961): Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16. Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig: S. Hirzel., Bd. 8, Sp. 1839]
  3. [AdelungAdelung, Johann Christoph (1811): Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart. Wien: Bauer., Sp. 1753–1754 | DWB, Bd. 11. Sp. 2005]
  4. [DWB, Bd. 27, Sp. 53–56 | KlugeKluge, Friedrich (2002): Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Kluge. Bearb. von Elmar Seebold. 24., durchges. und erw. Aufl. Berlin/New York: de Gruyter., S. 966 | PfeiferPfeifer, Wolfgang (2005): Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Ungekürzte, durchges. Ausg.; 8. Aufl. München: Dt. Taschenbuch-Verl., S. 1528 | Adelung, Sp. 1321–1322]
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