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Erstellt von Julian am 18. Oktober 2017, um 11:27 Uhr

Aus Tiroler Dialektarchiv

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==='''Kein ''G'scherter'''''===
 
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Die am weitesten verbreitete Bezeichnung für den Maulwurf ist sicherlich der ''Scher''. Ob das ''r'' am Ende gesprochen wird oder nicht, ist regional sehr unterschiedlich. Generell kann man aber sagen, dass das ''r'' vor allem im Unterinntal zwischen Kramsach und Erl und im Brixental entfällt, sodass hier die Form ''Schea'' vorherrscht. Westlich von Jenbach bis hin zum Ötztal kommen solche Formen nicht vor. Das ''r'' wird im gesamten Sellrain, Wipp- und Ötztal sowie im Großraum Innsbruck gesprochen. Zusätzlich gibt es noch die Form ''Schere''. Diese kommt vor allem im hinteren Zillertal sowie im Stubaital vor. All diese Formen gehen jedoch auf althochdeutsch ''scëro'' zurück. Dieses wurde aus ''skeran'' abgeleitet, was so viel wie ‚schneiden, trennen‘ bedeutet. Dies geht auf die alte – und falsche – Vorstellung zurück, der Maulwurf würde Wurzeln schneiden.<ref>[ DWB, Bd. 14, Sp. 2559 | Kluge, S. 799–800 | Schatz, S. 519 | Idiotikon, S. 1116]</ref>  
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Die am weitesten verbreitete Bezeichnung für den Maulwurf ist sicherlich der ''Scher''. Ob das ''r'' am Ende gesprochen wird oder nicht, [[SSW 421|ist regional sehr unterschiedlich]]. Generell kann man aber sagen, dass das ''r'' vor allem im Unterinntal zwischen Kramsach und Erl und im Brixental entfällt, sodass hier die Form ''Schea'' vorherrscht. Westlich von Jenbach bis hin zum Ötztal kommen solche Formen nicht vor. Das ''r'' wird im gesamten Sellrain, Wipp- und Ötztal sowie im Großraum Innsbruck gesprochen. Zusätzlich gibt es noch die Form ''Schere''. Diese kommt vor allem im hinteren Zillertal sowie im Stubaital vor. All diese Formen gehen jedoch auf althochdeutsch ''scëro'' zurück. Dieses wurde aus ''skeran'' abgeleitet, was so viel wie ‚schneiden, trennen‘ bedeutet. Dies geht auf die alte – und falsche – Vorstellung zurück, der Maulwurf würde Wurzeln schneiden.<ref>[ DWB, Bd. 14, Sp. 2559 | Kluge, S. 799–800 | Schatz, S. 519 | Idiotikon, S. 1116]</ref>  
  
 
==='''''Tscheder'' nicht Cheddar – und damit keine britische Käsesorte'''===
 
==='''''Tscheder'' nicht Cheddar – und damit keine britische Käsesorte'''===
  
Die Formen ''Tscheder'' bzw. ''Scheder'' kommen hauptsächlich westlich von Imst – zudem in Haiming, Sautens und Roppen – vor, wobei sich eine deutliche Zweiteilung zeigt. Während die Form ''Tscheder'' vor allem in den Bezirken Landeck und Imst auftritt dominiert im Außerfern der ''Scheder'' das Geschehen in heimischen Gärten und Wiesen. Dabei handelt es sich um eine Zweiteilung im Anlaut, die sich auch bei anderen Wörtern beobachten lässt. So etwa ''(T)schope'', ''(T)schippl'' oder ''(T)schugglad'' und braucht so nicht weiter zu verwundern. Auch der ''Tscheder'' bzw. ''Scheder'' geht letztendlich wohl auf althochdeutsch ''scëro'' zurück, die genaue lautliche Entwicklung bleibt dabei aber im Dunkeln.<ref>[Schatz, S. 514]</ref>
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Die Formen ''Tscheder'' bzw. ''Scheder'' kommen hauptsächlich westlich von Imst – zudem in Haiming, Sautens und Roppen – vor, wobei sich eine [SSW 420|deutliche Zweiteilung]] zeigt. Während die Form ''Tscheder'' vor allem in den Bezirken Landeck und Imst auftritt dominiert im Außerfern der ''Scheder'' das Geschehen in heimischen Gärten und Wiesen. Dabei handelt es sich um eine Zweiteilung im Anlaut, die sich auch bei anderen Wörtern beobachten lässt. So etwa [[SSW 455|''(T)schope'']], ''(T)schippl'' oder ''(T)schugglad'' und braucht so nicht weiter zu verwundern. Auch der ''Tscheder'' bzw. ''Scheder'' geht letztendlich wohl auf althochdeutsch ''scëro'' zurück, die genaue lautliche Entwicklung bleibt dabei aber im Dunkeln.<ref>[Schatz, S. 514]</ref>
  
 
==='''Im Oberland scharrt die ''Maus'''''===
 
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==='''Auch in Osttirol ''wühlt'' kein ''G'scherter'''''===
 
==='''Auch in Osttirol ''wühlt'' kein ''G'scherter'''''===
  
In ganz Osttirol kommt der ''Wialschger'' bzw. verschiedene Varianten davon vor. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, lassen sich doch sehr schön gewisse geographische Zusammenhänge erkennen. So sagt man im nördlichen Osttirol, also in Matrei, im Virgen- und Kalsertal ''Wilschga'' bzw. ''Wülschga''. Im Puster- und Villgratental sowie in Kartitsch und Obertilliach spricht man hingegen vom ''Wialischa'' bzw. ''Wuilischa''. Weitere Formen kennt etwa auch das Defereggental – ''Wiiluscha'' bzw. ''Wiilischa'' und die Gegend um Lienz – ''Wialschga'' bzw. ''Wualschga''. Dieser kurze Überblick, in dem bei weitem noch nicht alle Varianten aufgezählt wurden, zeigt bereits: In Osttirol geht es hier drunter und drüber. All diesen Varianten ist aber eines gemein: Sie sind eine Zusammensetzung aus ''wühlen'' und ''Scher''.<ref>[Schatz, S. 713]</ref> Dieser ''wühlende Scherrer'' kommt – wie bereits zu Beginn erwähnt – auch in Südtirol vor und findet in Nauders am Reschenpass mit dem ''Wialtscheder'' einen schönen Übergang zu den ''Tscheder''-Formen im Nordtiroler Oberland.
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In ganz Osttirol kommt der ''Wialschger'' bzw. verschiedene Varianten davon vor. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, lassen sich doch sehr schön [[SSW 427|gewisse geographische Zusammenhänge erkennen]]. So sagt man im nördlichen Osttirol, also in Matrei, im Virgen- und Kalsertal ''Wilschga'' bzw. ''Wülschga''. Im Puster- und Villgratental sowie in Kartitsch und Obertilliach spricht man hingegen vom ''Wialischa'' bzw. ''Wuilischa''. Weitere Formen kennt etwa auch das Defereggental – ''Wiiluscha'' bzw. ''Wiilischa'' und die Gegend um Lienz – ''Wialschga'' bzw. ''Wualschga''. Dieser kurze Überblick, in dem bei weitem noch nicht alle Varianten aufgezählt wurden, zeigt bereits: In Osttirol geht es hier drunter und drüber. All diesen Varianten ist aber eines gemein: Sie sind eine Zusammensetzung aus ''wühlen'' und ''Scher''.<ref>[Schatz, S. 713]</ref> Dieser ''wühlende Scherrer'' kommt – wie bereits zu Beginn erwähnt – auch in Südtirol vor und findet in Nauders am Reschenpass mit dem ''Wialtscheder'' einen schönen Übergang zu den ''Tscheder''-Formen im Nordtiroler Oberland.
  
 
==='''Er wirft mit Dreck und nicht mit dem Maul'''===
 
==='''Er wirft mit Dreck und nicht mit dem Maul'''===

Version vom 9. Mai 2018, 09:08 Uhr

Bedeutung Maulwurf
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Fleißiger Gräber in Tirols Wiesen und Gärten
Vielen Bauern und Gartenfreunden ist er ein Graus. Wohl auch aus diesem Grunde wird er in den Tiroler Mundarten mit beinahe ebenso vielen Bezeichnungen bedacht, wie er in einem Feld Haufen aufwerfen kann.

Viele Bezeichnungen

Zwischen den verschiedenen Begriffen für Maulwurf lassen sich erstaunlich klare sprachliche Grenzen erkennen. So ist im gesamten Unterland sowie westlich von Innsbruck bis hin zum Ötztal der Scher der Übeltäter, der die Gärten verunstaltet. Im westlichen Oberland heißt dieser Übeltäter hingegen Tscheder, während man im Außerfern von Scheder und Schermaus spricht. In ganz Osttirol ist der Wialschger verbreitet. Diese Bezeichnung für den Maulwurf findet sich auch in Südtirol und scheint erst am Reschenpass zu enden.[1] Dass es in Nauders den Wialtscheder gibt, scheint dies eindrucksvoll zu bestätigen.

Kein G'scherter

Die am weitesten verbreitete Bezeichnung für den Maulwurf ist sicherlich der Scher. Ob das r am Ende gesprochen wird oder nicht, ist regional sehr unterschiedlich. Generell kann man aber sagen, dass das r vor allem im Unterinntal zwischen Kramsach und Erl und im Brixental entfällt, sodass hier die Form Schea vorherrscht. Westlich von Jenbach bis hin zum Ötztal kommen solche Formen nicht vor. Das r wird im gesamten Sellrain, Wipp- und Ötztal sowie im Großraum Innsbruck gesprochen. Zusätzlich gibt es noch die Form Schere. Diese kommt vor allem im hinteren Zillertal sowie im Stubaital vor. All diese Formen gehen jedoch auf althochdeutschDie älteste, schriftlich nachweisbare Vorstufe der heutigen deutschen Sprache. Die althochdeutsche Zeit reicht vom Beginn der schriftlichen Überlieferung (6./7. Jahrhundert n.Chr.) bis Mitte/Ende des 11. Jahrhunderts n.Chr. scëro zurück. Dieses wurde aus skeran abgeleitet, was so viel wie ‚schneiden, trennen‘ bedeutet. Dies geht auf die alte – und falsche – Vorstellung zurück, der Maulwurf würde Wurzeln schneiden.[2]

Tscheder nicht Cheddar – und damit keine britische Käsesorte

Die Formen Tscheder bzw. Scheder kommen hauptsächlich westlich von Imst – zudem in Haiming, Sautens und Roppen – vor, wobei sich eine [SSW 420
  1. [ScheutzScheutz, Hannes (Hrsg.) (2016): Insre Sproch. Deutsche Dialekte in Südtirol. Bozen: Athesia., S. 213–215]
  2. [ DWBGrimm, Jacob/Grimm, Wilhelm (1854–1961): Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16. Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig: S. Hirzel., Bd. 14, Sp. 2559 | KlugeKluge, Friedrich (2002): Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Kluge. Bearb. von Elmar Seebold. 24., durchges. und erw. Aufl. Berlin/New York: de Gruyter., S. 799–800 | SchatzSchatz, Josef (1993) (1955–1956): Wörterbuch der Tiroler Mundarten. Für den Druck vorbereitet von Karl Finsterwalder. Unveränderter Nachdruck der Ausgaben von 1955 und 1956. 2 Bde. Innsbruck: Universitätsverlag Wagner (= Schlern-Schriften 119–120)., S. 519 | Idiotikon(1881–) Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache., S. 1116]
Fakten zu „Bedeutung 47RDF-Feed
BedeutungMaulwurf +
Kartentext
KartentitelFleißiger Gräber in Tirols Wiesen und Gärten
Schaufensterwahr +
SeitentitelMaulwurf +