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Erstellt von C6081005 am 21. Februar 2024, um 12:35 Uhr

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Bedeutung Holzstoß
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Ein Scheit allein brennt nicht
Deshalb braucht es mehrere, ja viele! Und die müssen, nachdem sie im Sommer und Herbst hoffentlich zu Hauf gespaltet wurden, geschichtet werden, im Wald, auf dem Feld oder gleich vor dem Haus. Wie das funktioniert? Da fragen Sie am besten beim Bauern Ihres Vertrauens nach. Wie der dabei entstehende Holzstoß aber in den unterschiedlichen Regionen Tirols bezeichnet wird, das wissen wir.


Da legst di nieder

Am weitesten verbreitet ist die Legge oder Lege mit Varianten wie Legga, Leige, Legg oder Leggn (in Bichlbach auch Glegge), die man im gesamten Oberland und dem Oberlechtal bis zum westlichen Mittelgebirge an-legt. Das führt uns auch schon zur Wortwurzel. Die Lege ist nämlich das, was man als Ergebnis des Legens erzielt. Eine mittelhochdeutsche Nebenform von legen war außerdem leggen, woraus sich die Legge ableitet. Dabei dürfte die Anordnung in einer Reihe auch im Mittelalter schon eine gewisse Rolle gespielt haben, denn das Wort bezeichnete nicht nur das Gelegte, sondern eben auch eine Reihe von etwas. Die Anordnung in einer Reihe wird übrigens auch durch die im Defereggen so benannte Zeile ausgedrückt.[1]

Das Maß aller Dinge

Auch um Innsbruck, im Stubai- und im Wipptal ist man sich recht einig, wie das Holz zu schichten ist: nämlich als Mailer. Dass der Holzmeiler den Holzstoß des Köhlers bezeichnete, den er zur Kohlegewinnung nutzte, dürfte den meisten bekannt vorkommen. Wahrscheinlich aber nicht, dass sich das Wort von lateinischDie älteste, schriftlich überlieferte romanische Sprache. Aus der gesprochenen Variante, die auch als ''Vulgärlatein'' bezeichnet wird, entwickelten sich die heute noch gesprochenen romanischen Sprachen, so etwa Französisch, Spanisch, Portugiesisch oder Italienisch. milarium ableitet. Damit war ein Maß, und zwar ein Stoß von 1000 Stücken gemeint. Ob man da heute meilenweit davon entfernt ist? Vielleicht. Die Meile jedenfalls geht ebenfalls auf ein lateinisches Wort, milia (passuum) ‚tausend (Doppel)schritte‘, zurück.[2]

Das gleiche gilt für den Paznauner Kasten. Ein Kasten ist ja eigentlich ein Ding, in das man etwas geben kann (Kleiderkasten, Briefkasten, Kornkasten etc.). Aber es kann auch ein Ding sein, das einfach nur eine ähnliche, nämlich quaderförmige, Form aufweist, zumindest, solange man dem Kasten kein Holz entnimmt. Das wäre auch dann nicht vorteilhaft, wenn es darum geht, ihn zu verkaufen. Denn der Kasten galt ebenso als Maß für Holz.[3]

Keine Entlehnung, sondern eine Anlehnung

Ein Holzstoß kann frei dastehen, er kann sich aber auch anlehnen, etwa an die Hausmauer. Das bezeugen die Varianten Loane bzw. Laane in Villgraten. Und das ist auch der Schlüssel zum Verständnis der in den Bezirken Kitzbühel und Kufstein vorkommenden Lii(n), wofür wohl mittelhochdeutschEine Vorstufe der heutigen deutschen Sprache, die in etwa zwischen 1050 und 1350 gesprochen wurde. Mittelhochdeutsch steht also zwischen dem älteren Althochdeutschen und dem heute gesprochenen Neuhochdeutschen. line Pate stand. Das bezeichnete zwar damals einen ‚über die Wand des Hauses hervorragenden Balkon‘, aber der lehnt sich ja schließlich auch an die Mauer an.[4]

Apropos Bedeutungsübertragung: Andernorts sah man im Holz an der Hausmauer eine Art Stufe, nämlich vor allem im Virgen- und Iseltal und in Kals, wo man die Greede oder Greade kennt. Ursprünglich war die mittelhochdeutsche grêde nämlich eine ‚Stufe an oder in einem Gebäude‘. Die dürfte sich in den genannten Orten bedeutungsmäßig verselbständigt haben.[5]

Das gilt wohl auch für die Variante Zoan, die man vor allem in den Bezirken Kitzbühel und Kufstein findet. Ursprünglich bedeutete das dem Wort zugrunde liegende mittelhochdeutsche zein ‚Rohr, Stäbchen‘. Womöglich hat man zuerst also aufgeschichtetes Reisig oder Ähnliches damit bezeichnet, später dann den uns bekannten Stoß aus Scheitern.[6]

Wohlstand mit Anstand

Im alemannisch? geprägten Außerfern baigt man das Brennholz meist zur Baig. Sprachgeschichtlich geht das Wort auf das mittelhochdeutsche Wort bîge zurück und bezeichnete damals einfach einen aufgeschichteten Haufen. Dass der nicht nur als Ofenholzspender diente, sondern „als ein Wahrzeichen für den Ordnungssinn und Wohlstand der Hausbewohner“[7]gesehen wurde, zeigt, dass das Holz für der Hüttn ja eigentlich eine sehr tugendhafte Sache war.



Karte: Katja Gandras, Kartentext: Katja Gandras/Yvonne Kathrein

Literatur
  1. [LexerLexer, Matthias (1872–1878): Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. 3 Bde. Leipzig: S. Hirzel., Bd. Bd. 1, Sp. 1857 | SchatzSchatz, Josef (1993) (1955–1956): Wörterbuch der Tiroler Mundarten. Für den Druck vorbereitet von Karl Finsterwalder. Unveränderter Nachdruck der Ausgaben von 1955 und 1956. 2 Bde. Innsbruck: Universitätsverlag Wagner (= Schlern-Schriften 119–120)., S. 382
  2. [Schatz, S. 421 | <https://www.dwds.de/wb/etymwb/Meile>, abgerufen am 20.02.2024
  3. [DWBGrimm, Jacob/Grimm, Wilhelm (1854–1961): Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16. Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig: S. Hirzel., Bd. 11, Sp. 268
  4. [Schatz, S. 391
  5. [Schatz, S. 253
  6. [Schatz, S. 718
  7. [Lexer, Bd. 1, Sp. 270 | Idiotikon(1881–) Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache., Bd. 4, Spalte 1057f. <https://digital.idiotikon.ch/idtkn/id4.htm#!page/41057/mode/1up> abgerufen am 19.02.2024
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